Die Deutsche Bahn hat Großplakate zur Bewerbung der Anfang Mai startenden „Säkularen Buskampagne“ in den Berliner Bahnhöfen untersagt. Begründung: „fehlende Neutralität“. Diese Einschätzung ist zwar richtig – betrifft aber nicht die Plakatserie, die explizit für die Neutralität des Staates wirbt, sondern die Deutsche Bahn AG, die parteiisch an der Seite der Kirchen steht.
Eigentlich müsste die Deutsche Bahn als 100-prozentiger Staatskonzern dem Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität folgen, also religiöse und nicht-religiöse Weltanschauungen gleich behandeln. Doch davon ist wenig zu spüren. Dies zeigt beispielsweise die Tatsache, dass die Deutsche Bahn in diesem Jahr als Hauptsponsor des Evangelischen Kirchtages auftritt. In diesem Zusammenhang hat die DB bereits im Januar 2019 mit großem Brimborium eine eigene Lok mit der Losung des Kirchentages „Was für ein Vertrauen“ präsentiert, die „als rollende Botschafterin des Kirchentages Intercity- und Eurocity-Züge auf unterschiedlichen Strecken quer durch Deutschland bewegen“ wird.
An deutschen Bahnhöfen gehört Religionswerbung zum Alltag (siehe Galerie unten), selbst religiösen Splittergruppen stellt die Bahn Werbeflächen zur Verfügung. Als nun aber für die Interessen religionsfreier Menschen geworben werden sollte, sah die Bahn die Grenzen des Zumutbaren überschritten. Der Vorfall ereignete sich bereits im Februar 2019 – wenige Wochen, nachdem die DB ihre Kirchentags-Lok in Berlin vorgestellt hatte. Der Kommunikationsdesigner Peder Iblher (Blu Dot) hatte für die Giordano-Bruno-Stiftung(gbs) über Ströer-Media mehrere Großplakate für den April 2019 an Berliner Fern- und S-Bahnhöfen gebucht, unter anderem am oberen Bahnsteig des Berliner Hauptbahnhofs. Es fehlte nur noch die Genehmigung der Deutschen Bahn AG, eigentlich eine Formsache. Doch die Deutsche Bahn untersagte die Werbung wegen “fehlender Neutralität”, wie Iblher am 4. Februar mitgeteilt wurde.
Der Kommunikationsdesigner war davon überrascht: „Unsere Plakate sind vielleicht bissig, aber keineswegs verbissen oder gar militant. Sie zeigen in humorvoller Weise auf, warum wir jetzt, hundert Jahre nach Inkrafttreten der Weimarer Verfassung, endlich schlussmachen sollten mit den verfassungswidrigen Privilegien der Kirchen. Ich hätte nicht gedacht, dass eine so freundliche und angesichts der realen Missstände – man denke nur an den katholischen Missbrauchsskandal – fast schon harmlos daherkommende Kampagne gegen die Vorgaben eines Staatskonzerns verstößt, der zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet ist.“
Untersagt: Die Plakate der Säkularen Buskampagne
gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon meint dazu: „Offensichtlich ist die Deutsche Bahn AG so weit von dem Prinzip der weltanschaulichen Neutralität entfernt, dass ihr schon die explizite Werbung für weltanschauliche Neutralität als Neutralitäts-Verstoß erscheint. Diese Farce zeigt nur, wie wichtig die Anliegen der Säkularen Buskampagne sind. Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in den 1960er Jahren klargestellt, dass nur ein strikt weltanschaulich neutraler Staat eine ‚Heimstatt‘ für alle Bürgerinnen und Bürger sein kann. Allem Anschein nach haben das nicht nur viele Verantwortliche der deutschen Politik, sondern auch viele Verantwortliche der Deutschen Bahn AG bis zum heutigen Tag nicht begriffen.“
Der ganze Vorfall erinnert stark an die Geschehnisse vor 10 Jahren, als sich öffentliche Verkehrsunternehmen in Deutschland weigerten, den Slogan der Internationalen Buskampagne „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“ zu plakatieren. 2009 machten die Aktivisten aus der Not eine Tugend, indem sie einen eigenen Bus charterten und mit ihm durch ganz Deutschland fuhren. Eine solche bundesweite Bustour wird auch 2019 stattfinden. Dabei werden auf dem Kampagnen-Bus zwei der untersagten Plakate erscheinen. Darüber hinaus wird es einen „ganz besonderen Kundenservice“ für die Berliner Bahnhöfe geben, wie Schmidt-Salomon verrät: „PR-Cars mit den Kampagnen-Großplakaten werden Anfang Mai insbesondere jene Berliner Bahnhöfe umkreisen, in denen unsere Plakate von der Deutschen Bahn untersagt wurden. So leicht lassen wir uns nun wirklich nicht unterkriegen!“
Erlaubt: Religiöse Werbung in deutschen Bahnhöfen und Zügen
Wenn das Stellen von Fragen oder Veröffentlichung von Meinungen, die von den Angesprochenen sowie so nie beantwortet werden (können), schon die Verletzung der Neutralität bedeuten, in welchem Verhältnis stehen dazu dann 100 Jahre Verfassungsbruch und und die tagtägliche Abzocke aller MWSt.-zahlenden Konsumenten, ob holländische Durchreisende auf dem Weg zum Skifahren oder polnische Saisonarbeiter zur Weinlese in Frankreich? Es ist skandalös, dass man der Finanzierung von Religion in Deutschland noch nicht mal Obdachloser oder Aussteiger entgehen kann.
schlussmachen.jetzt finde ich gut und unterstütze gerne.
@immanuel: Der Hinweis an die Webmaster war gut. Vielleicht hilft Dir erst einmal folgender Workaround: Ich kopiere schon lange meine Texte aus Webformularen per copy ‘n paste in lokal gespiecherte TXT-files. Sollte mal eine Eingabe verloen gehen, kann man den Text von dort wieder einfügen.
Ich habe mich gefragt, ob ich mit meiner Meinung über die Haltung des Staates zur Kirche allein stehe. Nun habe ich festgestellt, dass es Gleichgesinnte und Hoffnung gibt! GBS. Auch wenn ich über das “Fliegende Spagettimonster” hier gelandet bin.
Besonders absurd ist es, dass z.B. in Frankfurt jeden Tag die Zeugen Jehovas im Bahnhof mit Werbeständen stehen. Da hat die Bahn offenbar auch nichts dagegen.
…vielleicht ist die Unterstützung in der Bevölkerung halt doch nicht so groß, wie ihr immer behauptet?
Ich habe mich als Bahnkunde beschwert…Email Inhalt…Nur noch Flix Bus , keine Weiter Empfehlung der Bahn. Und das die Atheisten die größte Bevölkerungsgruppe sind.
MfG Dietmar Bausewein
“Und das die Atheisten die größte Bevölkerungsgruppe sind.” – “Inzwischen leben mehr konfessionsfreie Menschen in Deutschland als Katholiken oder Protestanten” ???
Was soll das?
Es leben immer noch mehr Christen (Katholiken plus Protestanten plus Orthodoxe plus Freikirchler plus usw. ) als konfessionsfreie Menschen in Deutschland.
Liebe Seitenbetreieber,
warum wird bei einer falschen Sicherheitszeicheneingabe wegen schlechter Lesbarkeit gleich der gesamte Kommentar gelöscht, statt zu erneuter Eingabe der Sicherheitszeichen aufzufordern???
Das ist eine schlechte, leserfeindliche Seitenprogrammierung!
Schade bei einer so wichtigen Buskampagne!
Danke für den Hinweis, das war uns noch nicht aufgefallen. Ich schau mich nach einer besseren Lösung um.
Bitte auch das “Kommentar absenden” erst aktiv setzen, wenn die Sicherheitszeichen richtig eingegeben sind.
Das “Kommentar absenden” brauchte ich gar nicht betätigen. Habe nach dem Eingeben der Sicherheitszeichen nur die ENTER.-Taste gedrückt und dann war der Kommentar gesendet.
Gibt es zu diesem Verstoß der Neutralität schon eine Petition?
Allein diese würde in den Sozialen Medien für Aufmerksamkeit sorgen und einige zum nachdenken bewegen!
Ich unterstütze ihr Aktion aber mal ganz ehrlich sie ist nicht neutal.
Schaut euch die Plakate der Religionen an, sie machen Werbung für sich. Ihr macht leider Werbung in dem ihr sagt, das sie Falsch liegen. Stellt euch ein katholisches Plakat vor, auf dem etwas gegen den Islam steht oder ein islamisches Plakat gegen das Christentum. Sowas geht nicht. Schreibt doch einfach “es wird zeit für ein Spagetti-Gott”. Macht Werbung für euch und nicht gegen andere. Ihr kämpft für eine gute und wichtige Sache.
Wir kritisieren ja nicht so sehr eine Religion, sondern den politischen Einfluss den sie hat. Gegen Religionen (Glauben) helfen auch keine Argumente, aber man kann sich ja einigen, was die Grundlagen des Staates sind. Insofern ist das Werbung „gegen“ (die Interessen von) Religionen, aber damit müssen die nun wirklich leben. Wäre schön, das alles positiv auszudrücken (für den laizistischen Staat), aber mal ehrlich, wenn es nicht ein bisschen zwickt, interessiert es auch niemanden.
Petition ist eine sehr gute Idee.
Am Besten openpetition über facebook.
Das würden bestimmt viele Humanisten unterstützen und teilen…
Genau das gleiche wie meine beiden Vorredner habe ich mich auch gefragt. Wenn Juristen den Umweltschutz durchsetzen koennen, dann sollte das doch auch fuer die Konfessionslosen moeglich sein.
Warum nicht vor Gericht dagegen klagen?
Fehlende Neutralität sehe ich hier tatsächlich, aber halt nicht auf der Seite der Kampagnenbetreiber.
Ich frage mich, ob man da nicht juristisch dagegen vorgehen kann.