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Kaum sagt man „Islam“, schon hat man alle auf die Palme gebracht.

Im Umfeld der gbs gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die mit dem Islam gebrochen haben oder ihn offen kritisieren. Nicht im Sinne von Hass oder Trollen, die keine Ahnung haben. Sondern als fundierte, sogar konstruktive Kritik. Etwa, dass eine Religion, die den Abfall vom Glauben so schwer bestraft, nicht glaubwürdig ist. Dass ein Glaube frei sein muss, wenn er etwas wert sein soll. Für diese einleuchtende Kritik werden sie beschimpft, verleumdet und bedroht.

Insofern war uns bewusst, dass ein Motiv wie das oben gezeigte „nicht ohne“ ist. Eine junge Frau, die in aller Freundschaft und Gelassenheit kundtut, dass der Islam nicht das Richtige für sie ist. Das ist kein Spruch: Die Person ist echt, sie hat eine Geschichte und gute Gründe für ihre persönliche Entscheidung. Sie hat ein ganzes Buch darüber geschrieben.

Doch gleich, wie freundlich und komplett defensiv die Botschaft ist, sie wird als „provokant“ empfunden. Weil es ja der Islam ist! Sie wissen schon, sehr empfindlich diese Brüder … So hat es die Bahn gesehen und unsere Werbung wegen mangelnder „Neutralität“ abgelehnt. Und so sehen es, nach längerem Nachdenken, auch unsere Großplakat-Fahrer. Sie möchten nicht noch einmal tätlich angegriffen werden, wie damals, als sie einmal mit sehr provokanter Parteiwerbung herumgefahren sind.

Was tun sie also? Sie ersetzen eigenmächtig das Wort „Islam“ mit „Gott“. „Lieber Gott, danke dass du dich immer sehr um mich bemüht hast …“. Nicht nur geht der Doppelsinn flöten – weil es zwar Männer gibt, die „Islam“ heißen, aber keine die „Gott“ heißen. Nein, auch die Meinung der gezeigten Person, ihre Geschichte wird verdreht, ins scheinbar Verträglichere. Ihrer Bedrohung wird eine neue, bittere Pointe aufgesetzt.

Foto: Evelin Frerk

Deshalb ist uns das Motiv so wichtig, gerade weil es nicht verletzend oder despektierlich ist. Wenn wir hier klein beigeben, in vorauseilender Selbstzensur, bei so einer läppischen Begebenheit, wo kommen wir hin? Dann bestätigen wir die dauer-beleidigten Eiferer. Die sich als „empört“ aufspielen, nur um andere der „Störung des öffentlichen Friedens“ zu bezichtigen. Dabei sind sie es, die stören: Die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Meinungsfreiheit, unsere Sicherheit und unsere Biografien – wir könnten auf diese Opferrolle gut verzichten.

Es gibt Formen der Intoleranz, die wir nicht tolerieren dürfen. Worum es uns letztlich geht, ist eine offene, angstfreie Gesellschaft, in der Religion das ist, was sie sein sollte: eine Privatsache.